MCL Geschaeftsbericht 2012 - page 28

MCL – MATERIALS CENTER LEOBEN FORSCHUNG GMBH
FORSCHUNGSPROGRAMM
COMET K
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MPPE
Highlights
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Je dünner Bohrer sind, desto leichter brechen sie. Diese Erfahrung macht jeder Heim-
werker, der dann und wann in den Baumarkt fahren muss, um neues Werkzeug zu
besorgen. Was hier nur lästig ist, geht in der Industrie ins Geld. Das MCL begab sich
auf die Suche nach Lösungen für Bohrer, die unter extremen Bedingungen arbeiten:
So werden beispielsweise bei Dieseleinspritzdüsen aus Vergütungsstahl über 100 mm
tiefe Löcher gebohrt, die nur 2 mm Durchmesser haben. Bei der Serienproduktion
der Einspritzdüse wirken sich Werkzeugausfälle doppelt negativ auf die Stückkosten
des bearbeiteten Werkstücks aus: Einerseits ist die Herstellung der speziellen Boh-
rer kostenaufwändig, andererseits bedeutet der Werkzeugwechsel einen zusätzlichen
Zeitaufwand, der die Produktivität verringert.
Die Materialforschung des MCL ergab, dass der wesentliche Faktor für das Brechen
der Bohrer die Länge der Späne ist. Diese Späne sind an ihrer dünnsten Stelle nur ~
40 µm dick (ca. halb so dick wie ein Menschenhaar) und bis zu einigen Zentimetern
lang. Bilden sich zu lange Späne, so können sich diese im Bohrloch verfangen und den
Bohrer blockieren, der dann unweigerlich bricht.
Aber warum fallen die Bohrspäne einmal länger, dann wieder kürzer aus? Mit expe-
rimentellen Untersuchungen und der Kontrolle der Ergebnisse mit hochauflösenden
REM-Bildern wurde klar: Der Stahl, in den die Löcher gebohrt werden, hat mikrosko-
pisch kleine Einschlüsse nichtmetallischer Materialien, die bereits bei der Stahlher-
stellung entstehen. Viele dieser Einschlüsse sind härter als die sie umgebende Stahl-
matrix und genau diese Partikel begünstigen das gewünschte Brechen der Späne.
Mit Hilfe der „Finite Elemente Simulation“ des Spanbildungsprozesses konnten die
Auswirkungen der Bohrergeometrie (Verschleißzustand), des Reibverhältnisses zwi-
schen Span und Bohrer (Werkzeugbeschichtung) und der Prozessparameter (Schnitt-
Was tun, damit dünne Bohrer
nicht brechen?
Erzielte Spanlängen beim Tieflochbohren einer 2mm dicken und 100 mm langen Bohrung. Die Breite der Späne entspricht immer dem Durch-
messer der Bohrung, also 2 mm. Ganz links: mehrere cm lange „gefährliche“ Späne, ganz rechts: sehr kurze Späne, sog. „Spanlocken“
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